Auf die Plätze!

Citizen Science in deiner Stadt

Unsere 5 Finalist*innen

Willkommen im Ideensprint: Unsere 5 Finalist*innen

geschrieben von Linn Jördens (02.08.2022)
Ein Blühkalender für Norderstedt, Sprache checken in Neckarstadt-West, Geschichten vom Stadtrand aus dem Hamburger Süden, Netzwerke analysieren für die BUGA 2029 und Baukultur in Dresden erforschen: Für diese Ideen geht es in die nächste Runde.

Wir freuen uns, euch die fünf Wettbewerbs-Finalist*innen vorzustellen! Wir und die Wettbewerbsjury waren begeistert von der sowohl geografischen als auch inhaltlichen Bandbreite der Ideen, wie Citizen Science auf die Plätze gebracht werden kann. Aus den vielen Ideenskizzen hat unsere Wettbewerbsjury fünf Ideen ausgewählt, die ab sofort in den Ideensprint starten dürfen. Bis Ende September haben die Finalist*innen Zeit, ihre Ideen zu einem Konzept weiterzuentwickeln. Drei der Vorhaben werden im Oktober von der Jury ausgezeichnet und erhalten ein Preisgeld von jeweils 50.000 Euro für die Umsetzung ihres Konzepts. In den folgenden Wochen werden wir hier auf unserem Blog unsere Finalist*innen und ihre Ideen noch eingehender vorstellen. Wir freuen uns auf den gemeinsamen Austausch! 
 

BLÜHENDE ZUKUNFT - GEMEINSAM WISSEN SCHAFFEN
Eine Ideenskizze von: 
Stadt Norderstedt - Stabstelle Nachhaltiges Norderstedt, Verein Interkultureller Garten, BEB Norderstedt, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Wie sind Grünflächen und Privatgärten in Norderstedt von den Klimaveränderungen betroffen? Dieser Frage möchte das Projekt „Blühende Zukunft“ mithilfe des Norderstedter Blühkalendes auf den Grund gehen. Dabei sollen leicht verständliche Materialien zur Aufnahme und  Analyse der Daten entstehen. Das Ziel: Ein Produkt zu entwickeln, das auch über die Projektlaufzeit hinaus verwendet werden kann. Die Basis für die Aktivierungs- und Befähigungsstrategien der Bürger*innen, die im Rahmen der Leitziele „Grünes Norderstedt“ und „Teilen und Tauschen“ vermittelt werden sollen, bilden die Datenermittlung und –analyse direkt vor der Haustür. Durch Mitforsch-Aktionen sollen die Beteiligten Empowerment erfahren, wie sie selbst Pflanzen in (privaten und öffentlichen) Gärten und auf öffentlichen Flächen erkennen, schützen und auch anpflanzen können, um so den zunehmenden Veränderungen des Klimawandels begegnen zu können. Dabei sollen sich die Bürger*innen als Citizen Scientists selbstverantwortlich auf den Weg machen, um zu entdecken, wie nachhaltiges Leben in der Stadt möglich ist. Dazu nehmen sie an Mitforsch - Aktionen teil, in denen sie ihre Umwelt als aktiv gestaltbar erleben und eine can-do-Haltung entwickeln. Die begleitende Forschung verfolgt dabei die Fragestellungen: Wie kann Citizen Science zum nachhaltigen Leben in Norderstedt beitragen? Welche Maßnahmen unterstützen eine Kultur des Tauschens statt Besitzens?
 

DIE SPRACH-CHECKER - SO SPRECHEN WIR IN DER NECKARSTADT
Eine Ideenskizze von: Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, Campus Neckarstadt-West

Die Neckarstadt-West in Mannheim ist für die Stadt ein sozialer und bildungspolitischer Handlungsschwerpunkt. Insgesamt leben im Stadtteil etwa 22.000 Menschen aus über 100 Nationen. Die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen sind hier erkennbar geringer als im übrigen Stadtgebiet. Durch den andauernden Zuzug neuer Gruppen ergeben sich Herausforderungen für Schulen, da stetig Kinder mit wenig oder ohne deutsche Sprachkenntnisse in Klassen aufgenommen werden. Die ausgeprägte Mehrsprachigkeit des Viertels wirkt sich auf das Leben seiner Bewohner*innen aus und ist damit in vielerlei Hinsicht ein gesellschaftlich relevanter Forschungsgegenstand. Ein nicht unerheblicher Anteil der Bewohner*innen sieht sich nicht nur mit fehlenden deutschen Sprachkenntnissen konfrontiert, sondern auch mit sozialen Problemen. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Sprachgebrauch im Quartier erfordern daher in besonderem Maße eine vertrauensvolle Herangehensweise. Citizen Science bietet dafür ideale Ansätze. Ziel des Projekts ist, durch die gemeinsame Forschungstätigkeit das Sprachbewusstsein der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen zu fördern und gleichzeitig die sprachliche Wirklichkeit und Besonderheit des Stadtteils wissenschaftlich zu erfassen. Die individuelle Sprachkompetenz zu erkennen und dafür Wertschätzung zu erfahren, soll bei den jungen Citizen Scientists zu einer Stärkung des Selbstvertrauens und des Selbstwertgefühls führen. Diese gemeinsamen Forschungsaktionen sollen den Startpunkt eines nachhaltigen bürgerwissenschaftlichen Engagements in der Neckarstadt bilden. Die Forschungsergebnisse sollen dauerhaft für einen positiven, sinnvollen und datengestützten Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Stadtgesellschaft und im Bildungssektor nutzbar gemacht werden.
 

STADTRANDGESCHICHTEN - MIGRATIONSGESCHICHTE UND GESELLSCHAFTLICHE VIELFALT ERFORSCHEN
Eine Ideenskizze von: Kulturhaus Süderelbe e.V., Universität Hamburg, Geschichtswerkstatt Süderelbe-Archiv

Das Projekt „Stadtrandgeschichten“ erforscht mit Methoden der Geschichts- und Theaterwissenschaften, wie in der durch Migration geprägten Hamburger Region Süderelbe persönliche Geschichten als Teil der Lokalgeschichte zum gemeinsamen Identifikationsanker werden können. Bürger*innen erforschen gemeinsam die dynamische Geschichte im Jahrhundert der Migrationen in vier Schritten: (1) Sie dokumentieren ihre Familiengeschichte als Teil der Lokalgeschichte und schaffen damit ein Archiv der Erinnerungen. (2) Davon ausgehend erforschen sie im Rahmen Geschichtswerkstatt selbstgewählte Themen der regionalen Migrationsgeschichte. (3) Die Forschungsergebnisse sind Grundlage für ästhetische Forschungen: Welche Bedeutung haben die vielfältigen Geschichten für ein Wir-Gefühl im Stadtteil? Welche Emotionen sind mit den persönlichen und familiären Migrationsgeschichten verbunden und wie lassen sich diese Emotionen transportieren, um wechselseitiges Verständnis zu fördern? (4) Die historischen und ästhetischen Forschungen bringen Bürger*innen in Form von Theaterstücken oder Performances auf die analoge oder digitale Bühne, treten damit in den Dialog mit der Stadtgesellschaft und lassen die Rückmeldung in die Forschungsdokumentation einfließen. 
Zum Hintergrund: Die Region Süderelbe ist der südwestliche Teil Hamburgs. Er wurde 1937 im Zuge des Großhamburggesetzes eingemeindet und ist heute in rund 30 Minuten von der Hamburger Innenstadt aus zu erreichen. Die Bevölkerung ist auf über 55.000 Menschen gewachsen. Neubaugebiete bringen in den nächsten Jahren tausende weitere Bürger*innen an den Stadtrand. Die dynamische Entwicklung des urbanen Raums wirft die Frage auf: Wie kann aus einem Nebeneinander ein Miteinander werden? Wie kann Vielfalt zum verbindenden Element werden? Gemeinsam erforschte Geschichte kann ein gesellschaftlicher Identifikationsanker sein, der die Menschen zusammenbringt. Der bürgerwissenschaftliche Ansatz fördert Sichtbarkeit, eine kritische Auseinandersetzung und Dialog.
 

STARKE NETZWERKE FÜR EINE STARKE GEMEINDE
Eine Ideenskizze von:
Universität Koblenz-Landau, Verbandsgemeinde Rhein-Mosel, Kathrin Laymann (Bürgermeisterin)

Wie kann ein nachhaltiger Strukturwandel gelingen? Ausgangspunkt dieses Citizen-Science Vorhabens ist die Bundesgartenschau 2029 (BUGA 2029) im Oberen Mittelrheintal, das für die Verbandsgemeinde Rhein-Mosel und insbesondere für die betroffenen Orte Rhens, Spay und Brey von hoher Bedeutung für einen nachhaltigen Strukturwandel ist. Das Engagement der Bürger*innen vor Ort ist dabei von besonderer Relevanz. Durch die Bundesgartenschauen werden Infrastrukturmaßnahmen eingeleitet und der Tourismus wird angeregt. Die drei Orte sind Teil der Verbandsgemeinde Rhein-Mosel und erst seit 2014 eine Verwaltungseinheit. Die Orte sind jedoch bisher wenig miteinander verbunden; die Vereine und das Engagement der Einwohner*innen beziehen sich oft auf den Ort selbst. Um als Verbandsgemeinde für die BUGA 2029 strukturiert Projekte entwickeln zu können, bedarf es daher einer Bestandsaufnahme der Netzwerke in und zwischen den Orten. Die zentrale Fragestellung lautet daher: Wie können Netzwerke mithilfe von Netzwerkanalysen durch Citizen Science sichtbar werden und für die BUGA 2029 genutzt werden? Ziel ist es, die Netzwerke als Grundlage für weitere Projekte im Rahmen der BUGA 2029 sichtbar zu machen. Für die Universität und das Projektteam bietet das Citizen-Science-Vorhaben die Gelegenheit, regionale Transferforschung zu betreiben, nachhaltige soziale Entwicklungen anzustoßen sowie Citizen Science in der Universität bekannt zu machen.
 

BAUKULTUR UND KLIMAGERECHTE ARCHITEKTUR IN DRESDEN - GEBÄUDEWISSEN KARTIEREN, ERFORSCHEN UND VERMITTELN
Eine Ideenskizze von:
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, Säschsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden - Regionalportal Saxorum, Zentrum für Baukultur Sachsen

Unsere Städte und ihr Gebäudebestand gelten als größtes wirtschaftliches und kulturelles Kapital. In Gebäuden verbringen wir die meiste Zeit und investieren den größten Teil unseres Geldes. Gebäude bestehen über Epochen und prägen unser Stadtbild. Das bauliche Erbe ist nach Abriss oder Zerstörung nicht reproduzierbar, da sich Handwerkstechniken und Verfügbarkeit der Baustoffe ändern. Dem langfristigen Erhalt, der Instandhaltung und der Denkmalpflege kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Gebäude und ihr Bau verbrauchen Ressourcen und belasten die Umwelt. Gerade für den Klimaschutz sind Gebäude zentral, weshalb Bauen vermehrt durch Wiedernutzung und CO2-neutrale Materialien auskommen sollte. Städte wie Dresden, das Barock, Gründerzeit und Ostmoderne im Stadtbild vereint, brauchen darum innovative Lösungen, um den Gebäudebestand im Sinne von Denkmal- und Klimaschutz nachhaltig zu entwickeln. Gemessen an der Bedeutung ist das Wissen über den Gebäudebestand allerdings sehr begrenzt. Hier kann Citizen Science eine Wissenslücke schließen. Mit dem Aufbau einer digitalen Plattform, die Wissen zu Gebäudetypen, -nutzungen, Bauformen, Alter und Stile zusammenführt, können Möglichkeiten für zukünftige Entwicklung reflektiert, diskutiert und bewertet werden. Die Daten werden dabei durch Bürger*innen erhoben, validiert sowie visualisiert und offen für Analysen zur Verfügung gestellt. Die Entwicklung basiert auf dem quelloffenen Code (github.com/colouring-cities) und nutzt offene Daten der Stadt Dresden. Mit den gesammelten Daten kann wichtiges Systemwissen generiert werden, um Transitionspfade hin zu einer klimagerechten Architektur zu unterstützen. Der Mehrgewinn für die Bürger*innen reicht von lokaler Baukultur und -geschichte hin zu Wissensgenerierung mittels räumlicher Daten/KI.