Auf die Plätze!

Citizen Science in deiner Stadt

Zeit für partizipative Forschung und vielfältige Wissensformen

Foto: Julie Mewes

Tagungsbericht der zweiten Konferenz zur Vernetzung und Stärkung von Partizipation in der Wissenschaft in Chemnitz 

Vom 22. bis 24. November 2023 trafen sich etwa 250 Forscher*innen und Praktiker*innen an der Technischen Universität Chemnitz, um über die Partizipation in der Forschung und ihre unterschiedlichen Zugänge hierzu zu diskutieren. Das Ziel der Konferenz war es, den Wissensaustausch und den Netzwerkaufbau auf diesem Gebiet nachhaltig zu fördern.

Das Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt-Team präsentierte bei dieser Veranstaltung ein Poster und einen Vortrag. Im Poster wurde das Wettbewerbsformat dargestellt, während im wissenschaftlichen Vortrag zentrale Zwischenergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung vorgestellt wurden. Diese wird aktuell im Rahmen des Wettbewerbsprojekts von Mitarbeiterinnen des Museums für Naturkunde Berlin durchgeführt und beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Zivilgesellschaft in der Citizen-Science-Landschaft vernetzt, sowie mit der Frage, welche Wissensformen des vielfältigen Citizen-Science-Ansatzes im Rahmen des Wettbewerbs besonders gefördert werden und welche Auswirkungen dies auf die theoretische Weiterentwicklung von Citizen Science hat. Unter dem Titel “Knowing citizen science. Social epistemologies and epistemic practices in a national citizen science contest in Germany” stellte ich einem interessierten Fachpublikum die Zwischenergebnisse meiner Begleitstudie als Teammitglied vor. 

Die Forschung in den Sozial- und Geisteswissenschaften untersucht seit langem die Beteiligung von Citizen Scientists an der akademischen Wissensproduktion. Diese Studie zeigt, dass die aktuellen Aktivitäten der Citizen Science das Potenzial haben, wichtige Erkenntnisse für Gesellschaft und Wissenschaft zu schaffen, aber auch die Diskussion über das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft im Hinblick auf Wissensgenerierung und -transfer voranzutreiben. Wie kann die Forschung, die für die Gesellschaft von Bedeutung ist, in die Praxis umgesetzt werden und welche Akteur*innen sollten daran beteiligt werden? Welche verschiedenen Arten des Wissens werden hier kombiniert und wie werden sie in die gemeinsame Forschung integriert? Wer erlangt neues Wissen und wie wird dieses Wissen in der Gesellschaft und der Wissenschaft verbreitet? Das interdisziplinäre Forschungsfeld der Wissenschafts- und Technikforschung (Science and Technology Studies, kurz STS) scheint sich besonders für eine vertiefte theoretische Reflexion zu eignen. Daher bezieht sich die Begleitstudie theoretisch auf neuere STS-Ansätze zu partizipativen Forschungsansätzen wie Citizen Science. 

Basierend auf einer Dokumentenanalyse von Informationsmaterialien für die Finalist*innen der beiden bisherigen Wettbewerbsrunden habe ich skizziert, welche Schwerpunkte gesetzt wurden, um besonders gute, preiswürdige Citizen Science unter den Bewerbungen zu identifizieren und die jeweils drei Preisträger*innen eines Jahrgangs auswählen zu können. Dabei habe ich drei zentrale Aspekte definiert, die den Citizen-Science-Wettbewerb von anderen Formaten der Forschungsförderung unterscheiden. Zum einen stärkt und vernetzt der Wettbewerb lokale Initiativen, während andere Forschungsförderprogramme auf eine internationale Vernetzung und Ergebnisorientierung abzielen. Zum anderen betont der Wettbewerb besonders die Vielfalt von unterschiedlichen erfahrungs- und experimentalbasierten Wissensformen. Der dritte wichtige Schwerpunkt liegt in der Förderung möglichst langfristiger Netzwerke und gesellschaftlicher Relevanz auch über den Projektzeitraum hinaus, anstatt sich vornehmlich auf die Ergebnisse, die während des Projektzeitraums zu erzielen sind, zu konzentrieren. Diese Nachhaltigkeit ist angesichts der zunehmenden Beschleunigung in der Wissenschaft und steigendem Zeitdruck von Wissenschaftler*innen in ihrer Forschung ein wichtiger Impuls für die Fördergeber traditioneller akademischer Forschung. Gute Forschung, besonders partizipative, benötigt mehr Zeit, um nachhaltige Wirkungen in der Gesellschaft zu erzielen.

In den nächsten Monaten werde ich diese und weitere Ergebnisse der Begleitstudie auf weiteren Tagungen und Veranstaltungen im In- und Ausland vorstellen und in einem Forschungsartikel in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlichen.

Dr. Julie Mewes

Julie ist Sozialanthropologin. Am Museum für Naturkunde Berlin ist sie Teil des Citizen-Science-Teams und arbeitet als wissenschaftliche Koordinatorin im Projekt "Auf die Plätze! Citizen Science in deiner Stadt".